10 Marathons in 10 Tagen – Wie macht man sowas eigentlich ?

Mit der Premiere einer 10-Marathon-in-Serie-Veranstaltung in Bad Blumau, Steiermark (http://www.lauffestival.com/10in10.html) findet heuer auch in Österreich das Format der Serienmarathons (einzelne Marathons, die als Einzelmarathons ausgeschrieben und gewertet werden und hintereinander stattfinden. Z.B. pro Tag oder mehrere pro Tag, etc.) Einzug.

Im Folgenden sollen die Erfahrungen, die ich in den letzten drei Jahren jeweils am Lago d’Orta (Novarra, ITA) machen konnte (http://www.orta10in10.it/), für den 10-in-10 Bewerb ein paar Tipps und Empfehlungen anbieten.

Die wichtigsten Erkenntnisse und Tipps :

  • Die mentale Einstellung: 10 Tage sind 10 Tage -> Mindset eines Ultras
  • Fit antreten und fit bleiben während 10 Tagen
  • Organisatorische Vorbereitung -> 10 Tage Laufen – und sonst nichts!
  • Regeneration -> der Schlüssel zur erfolgreichen Teilnahme
  • Aufmerksamkeit auf die Füße -> sie gilt es zu hegen und pflegen
  • Die Laufstrategie -> Starte langsam! (aber wer will das schon)
  • Die Logik der 10-in-10: der erste Halbmarathon wird zur zweiten Hälfte
  • Wetter – ist immer ein Faktor -> behalte einen kühlen Kopf
  • Stimmung und Atmosphäre -> mach Dich unabhängig(er) von Befindlichkeiten

  • Lasse Platz für Unerwartetes

 

  1. Die mentale Einstellung für einen 10-in-10 folgt großteils der eines Ultra-Etappenlaufes. Obwohl zwar hier jeder einzelne erfolgreich absolvierte Tag/Lauf separat als Einzelmarathon gewertet wird, sollte man aber, um im Bewerb für alle 10 Marathons zu bleiben, von vornweg das Gesamtziel im Blickpunkt halten. Das bedeutet vor allem Tagesziele dem großen Ganzen unterzuordnen und wenn’s mal an einem Tag nicht so ‘läuft’, dann ist das in Relation eher nebensächlich. Bei einzelnen Marathons gibt es ja bereits Up’s und Down’s, bei einem Ultra meist mehrere (und intensivere), bei einem 10-in-10 erst recht.

  2. Auf die physische Vorbereitung soll hier nicht näher eingegangen werden. Zu vielfältig und individuell verschieden sind Trainingsansätze, je nachdem, ob jemand vom Marathonlaufen oder eher aus der Ultraszene oder aus dem Tria-Bereich kommt. Wichtig ist – wie könnte es anders sein – daß man/frau fit und verletzungsfrei am ersten Tag erscheint. Es werden sich in den Folgetagen ohnehin unweigerlich ‘Beanspruchungs’-Symptomatiken breit machen…. Und ‘Fitness’ meint hier übigens nicht bloß das Laufen (Beine), sondern zusätzlich auch Ganzkörperfitness, Muskellockerheit, Balance von Muskeldehnung und –spannung, probiotische Flora, Laktatwerte, etc. etc. Ein paar Schwimmeinheiten die Wochen vor dem 10-in-10 wären beispielsweise nie falsch am Platz.

  3. Eine wesentliche Maßnahme besteht m.M. nach in der eigenen organisatorischen Vorbereitung des Events. Über 10 Tage hinweg hat jeder seine Herausforderungen, das Berufliche (und auch Private/Familiäre) von sich fernzuhalten. Zu eingebunden sind wir in alltägliche Routinen und Beziehungen. Arrangements, wo z.B. während der 10 Lauftage am späteren Nachmittag noch Berufsmeetings, Telefonkonferenzen oder sonstige Verpflichtungen miteingeplant werden, können zu großen Beeinträchtigungen oder zumindest unnötigem Stress führen. Auch großartige Sight-Seeingprogramme, etc. während des Events halte ich als eher dysfunktional. Der Fokus sollte m.M. nach auf der wichtigsten Vorbereitungskomponente liegen : -->

  4. --> der Vorbereitung und Umsetzung von Regeneration/Recovery. Nichts ist bei einem 10-in-10 so wichtig wie die Erholungvom Tagespensum, um für den nächsten Tag wieder fit zu sein. Essen, Ausruhen, Auslockern, Erlebnisse mit anderen Besprechen, Relaxen, Körperpflege (v.a. Fußpflege!!), Schlafen sollen einen runden Ablauf nach dem Marathon während der 10 Tage bilden. Einen Proteinshake nach dem täglchen 42K, ein wenig Stretching, kurzes Schwimmen, Abkühlen der Beinmuskulatur in – je kälter desto besser – Wasser (Bach), Ausruhen auf der Liegewiese, etc. sind äußerst hilfreiche ‘Kleinigkeiten’, die sich nach dem täglichen Zieleinlauf anbieten und sehr vorteilhaft auf die Befindlichkeit des Folgetages auswirken werden.
  5. Besonderes Augenmerk verdienen bei jeder Marathonserie die Beine und Füße. Sie sind dabei der am meisten beanspruchte Teil unseres Körpers und daher auch am anfälligsten für Probleme. Das #1-Promlem aller Mehrtagesläufe ist das Anschwellen der Füße. Zwei Schuhnummer zusätzlich nach einigen Tagen sind keine Seltenheit. Man kann hier auf größere Schuhe als üblich wechseln und sollte damit gut über die weiteren Tage kommen. Heikler wird es nur, wenn sich auch Blasen auf den Füßen hinzugesellen, was oft der Fall ist (v.a. wenn es heiß ist und man in den Socken schwitzt). Hierbei helfen einerseits die speziellen Compeed ‘Blasenpflaster’ (und –sticks) um aufgetretene Blasen nach Behandlung am nächsten Morgen zu tapen (über Nacht nichts verkleben). Falls jedoch Druckschmerz (z.B. auf die Zehe) dazukommt, kann nur das Ausschneiden des Schuhes zu erheblicher Erleichterung verhelfen. Der dadurch entstehende Halteverlust im Schuh ist dabei i.d.R. verkraftbar. Am effektivsten halte ich jedoch Maßnahmen, die das Anschwellen der Füße nach dem Laufen aktiv reduzieren (es geht um die Abfuhr von Lymphflüssigkeit im Fuß). Dazu zählen v.a. das Hochlagern der Füße und die Kaltwasserbäder. Ich habe beste Erfahrungen im letzen Jahr damit gemacht, meinen Kopfpolster jede Nacht unter die Füße zu legen, und so ein konstantes ‘Gefälle’ für die Zeit der Nachtruhe zu etablieren. So konnte ich erstmals alle 10 Tage im selben Paar Schuhe laufen (nach wiederholtem ‘Ausschneiden’ der Laufschuhe in den beiden Jahren davor).

  6. Wer sich mit den vorbereitenden Maßnahmen auseinandergesetzt hat, kann sich dann getrost mit einer adäquaten Race-Strategie beschäftigen (und nicht umgekehrt, wie üblich !). Eines sei gleich vorweggeschickt: Es wird sowieso anders kommen ! Will man ein realistisches Zeitziel für die Marathons finden, ist die durchschnittliche Finisher-Zeit bei ‘Normalmarathons’ der letzten 12 Monaten ein guter Ausgangspunkt. Dazu sollte man 30 Minuten pro 10-in-10-Tagesmarathon addieren, dann kommt man bereits auf eine realistische Gesamtendzeit. Also, wenn eine Zeit um die 4:00 h bei einem Marathon im letzen Jahr meist die Norm war, so kann mit 45 Stunden Gesamtzeit für den 10-in-10 gerechnet werden.

  7. Wie üblich, sollte eine Rennstrategie unterstreichen, daß man das ganze langsam angehen und sich Luft und Möglichkeit zur Leistungskonstanz und etwaigen Steigerung lassen sollte.Dies gilt für jeden einzelnen Tag und insbesondere auch für die 10-Tages-Zeitspanne. Wer am ersten Tag bereits sein Pulver verschossen hat, wird länger mit ‘Anschlußproblemen’ zu kämpfen haben. Wichtig dabei ist zu verstehen, daß sich die Logik des Einzelmarathons im Laufe der Tage des Serienmarathons auch rasch umkehrt. Die üblicherweise ‘härtere’ zweite Marathonhälfte wird zur subjektiv leichteren. Dafür gestaltet sich die täglich erste Hälfte vorerst als die anstrengendere. Auf den ‘Mann mit dem Hammer’ braucht man in der zweiten Laufhälfte eher nicht zu warten, er meldet sich – wenn überhaupt – am Anfang in der Verkleidung von täglichen ‘Anlauf’schwierigkeiten. Insgesamt ist zu bemerken, daß sich die individuellen, täglichen Marathonzeiten, bei konservativer Laufstrategie, ab ca. der Mitte der Serie zugunsten schnellerer zweiter Hälften entwickeln. Letztes Jahr hatte ich beispielsweise ab Tag 5 täglich einen Negativ-Split im zweiten Halbmarathon zu verzeichnen (trotz ansteigender Temperaturen im Laufe des Tages).

  8. So sind wir also beim Wetter angelangt, der bevorzugtesten Ausrede des Läufers, warum es diesmal nicht so glatt ‘gelaufen’ ist. Natürlich ist das Wetter auch eine reale Komponente, insbesondere bei Laufserien in den Sommermonaten. Hier gilt es primär, die durch hohe Temperaturen (z.B. 2015 hatten wir am Lago d’Orta acht von zehn Tagen 35°C oder mehr) verursachte Überhitzung des Körpers zusätzlich zu regulieren versuchen. Vor allem der Kopf muß eventuell zusätzlich gekühlt werden. Am effektivsten erweist sich dafür die Kühlung der Schlagadern seitlich am Hals durch in kaltes Wasser getauchte Schwämme oder Tücher. Auch die Hände am Puls ins Kaltwasser zu stecken tut gut. Vorbeugend hilft eine Kopfbedeckung, die UV-abweisend ist, also etwa eine weiße Laufkappe oder gar Sonnenhut.

  9. Zeigt die eine oder andere der vorgeschlagenen Maßnahmen im Laufe der Tage erfolgreich Wirkung, bleibt einem während der Marathonserie nur noch übrig, seine Aufmerksamkeit auf die eigene Stimmung und einen möglichen Beitrag zur Gesamtatmosphäre zu konzentrieren. Auch dies ist den meisten Ausdauerathleten nichts Neues: negative Gedanken werden bewußt beiseite geschoben, Unmut und Unwohlsein bzw. Schmerz kurzfristig verdrängt, und die ‘Verstärker’ genußvollen Laufens aktiv herbeigeholt. Die flexible Einstellung, etwa daß sich die Streckenführung im Laufe der Tage ändern kann (wie das in Blumau sein wird), kann uns ja auch neue, angenehme Aspekte des Laufens entdecken lassen. Und wie heißt es doch so schön: Wir laufen ja ohnehin alle nach innen! Und im eigenen Selbst sollte es doch halbwegs gemütlich zugehen -:).

  10. ..................

 

RaxNurmi - Werner Kroer

 

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